Ich dachte: letzteres. Bisschen viel stillen, bischen wenig Schlaf, bisschen rumhumpeln, weil zwischen den Beinen noch alles etwas lädiert ist. So in etwa. Nun, fast. Als ich gemerkt habe, dass die Realität für mich ziemlich anders aussah, habe ich das gemacht, was ich immer tue: recherchieren. Wieso? Weil mir das Sicherheit gibt und ich damit einschätzen konnte, wie normal oder schlimm es tatsächlich war. Und was ich teilweise tun konnte (oder auch nicht), um die Situation zu verbessern.

Mir ist bei meinen Recherchen vor allem ein Satz im Kopf geblieben. Nämlich der, dass sich junge Mütter/junge Familien keine Vorstellung davon machen, wie das Wochenbett wirklich ist, weil man so gut wie keine authentischen Berichte dazu findet. Die meisten laufen gefühlt vor eine Wand, wenn sie sich vorstellen, wie das das süße Neugeborene im Stubenwagen schlummert, man ihm beim Stillen verträumt den glatzköpfigen oder auch flaumigen Schädel streichelt und es in die niedlichen Miniklamotten packt – und dann kommt die Realität. In der all das stattfindet. Vielleicht. Aber eben eher… nicht nur und wenn es nicht ganz so toll läuft, auch eher nur am Rande. Mit der Wand zum Dagegenlaufen habe ich also auch Bekanntschaft gemacht. Mehrfach.
Und deshalb schreibe ich für euch hier mal zusammen, wie das Wochenbett eben tatsächlich ist bzw. sein kann. Allgemein und speziell auch bei uns. Denn mir hätte es unglaublich viel geholfen, vorher zu wissen, was mich da erwartet. Aber ich wusste es eben nicht. So viel man zu Schwangerschaft und Geburt findet, so wenig zu der Zeit unmittelbar danach. Ich bin jetzt etwas über 4 Wochen post partum, das Thema ist somit noch nicht durch, aber das Bedürfnis darüber zu schreiben war in der letzten Zeit einfach sehr hoch, drum gibt es den Artikel jetzt.
Wieso gibt es so wenige Berichte?
Ich habe meine Gynäkologin gefragt. Sie meinte: „Weil Ihnen das niemand sagen kann. Es ist unglaublich unterschiedlich.“ Das haben auch weitere Recherchen ergeben. Von total romantisch super toll mit Anfängerbaby, das die ganze Zeit schläft, wenn es nicht alle 3 oder 4 Stunden mal gestillt werden will, bis hin zu einem totalen Zusammenbruch der Eltern, weil ihr Baby nur schreit, ist alles dabei. Nun, trotzdem hätte ich das gern gewusst. Ich wusste ja auch dass Geburten von „Och, also so schlimm war das nicht, ich kann direkt noch ein Kind kriegen!“ bis hin zu Not-OPs und schlimmen Komplikationen mit irreversiblen Schäden reichen. Ich wusste, dass Schwangerschaften vom glücklichen Glow bis zu 9 Monaten Bettruhe alles mitbrigen können. Wieso wird das also nicht über das Wochenbett gesagt? Nur, weil es so unterschiedlich ausfallen kann? Nein. Nicht nur.
Man vergisst sehr viel
Eine Antwort, die mir viele gegeben haben. Ähnlich wie bei der Geburt, verschwindet wohl vieles der Anfangsstrapazen wieder in der geistigen Versenkung, wenn es erst mal geschafft ist. Ich bin jetzt beim Schreiben noch mittendrin und sage: Ist auch gut so! Das brauche ich nicht dauerhaft als Teil meiner Identität. Aber für jetzt, für den Moment hätte ich es eben gern gewusst. Ich schreibe also für euch auf, bevor ich vergessen sollte.
Schönfärberei
Auf der anderen Seite steht, dass es einfach auch zum guten Ton gehört, nur mit verliebt verklärtem Blick über die Ankunftszeit des Babys zu sprechen. Wievielen Accounts bin ich nach der Geburt des Kindes entfolgt, weil ich das ständige Gesäusel unerträglich fand (das war vor Merle schon so und auch jetzt mit eigenem Kind kann ich mir das nicht gut geben). Wenn wirklich alles so regenbogen-herzchen-heititei ist: Hey, herzlichen Glückwunsch! Ehrlich! Euer kleines Wunder ist für euch genau das und das ist super.
Dazu kommt natürlich, dass Social Media auch fast immer nur die schönen Seiten hervorheb. Besonders deutlich auf Instagram, wo auch nur schöne Bilder gezeigt werden, selbst wenn in der Bildunterschrift dann mal ehrlichere Worte gefunden werden. Mache ich auch so, im Übrigen, meistens. Eine gewissen Authentizität halte ich mir schon zu Gute. Aber so hatte ich eben auch vor allem Bilder im Kopf von niedlichen Babys schlummernd in schnuffeligen Deckchen und Müttern, die in der Woche nach dem Heimkommen aus der Klinik mit dem Kinderwagen durch den Park oder um den See spaziert sind. Gern auch mit der Aussage: „Jetzt können die Schwangerschaftspfunde endlich runtergelaufen werden und das Stillen hilft dabei ja auch super!“
Guter Witz
10 frischgebackene Mütter wurden gefragt, was sie in ihrer Freizeit am liebsten tun. Sechs verstehen die Frage nicht, eine fängt an hysterisch zu lachen und drei schlafen ein.
So oder so ähnlich habe ich mal einen Witz von einer Freundin zugeschickt bekommen, die selbst schon einen Sohn hat und die mir augenzwinkernd damit sagen wollte, was mich da erwartet. Da ich über Erwartungen ja schon mal in meinem Artikel „Wie stellst du dir ein Leben mit Kind vor?“ geschrieben hatte, sei dazu gesagt: Dieser Artikel bezieht sich nicht auf das Wochenbett sondern auf die Zeit danach. Aber alter Falter, alle „Drohungen“ oder nennen wir sie doch positiver lieber nur „Warnungen“, die man so an mich herangertragen hatte bezüglich Leben mit Kind haben sich bei mir im Wochenbett bewahrheitet. Okay, fast alle. Wie ihr seht, kriege ich es irgendwie hin hier zu schreiben. Wie ich das genau mche ist mir eigentlich selbst nicht so ganz klar…
Das Schöne
Oh ja, da ist ein neuer Mensch, ein kleines Wunder und ja, es stimmt, Babys riechen echt gut (außer so um die Windel herum): süßlich, karamellig. Es ist irre diesen kleinen Körper zu streicheln, die weiche Haut, das kleine Näschen. Hände, die nur einen Finger greifen können, weil sie so klein sind. Und wenn sie nicht grad schreien, geben die Kleinen auch wirklich goldige Geräusche von sich (okay, sie schnarchen und grunzen auch beim Trinken). Es ist irre zu spüren, welche Verantwortung man trägt und das kann einen ganz schön stolz machen. Viele sprechen von der „Babyblase“, also einer wirklich verklärten Welt, in der die Zeit stillzustehen scheint, weil plötzlich alles egal ist. Dann die Gewissheit: Es ist geschafft. Mama hat ihren Körper zurück (weitestgehend, stillen ist ja noch ein Thema), man kann wieder die Dinge essen, die in der Schwangerschaft verboten waren und innerhalb von wenigen Tagen ist der Handyspeicher voll mit zuckersüßen Babyfotos. Ein Baby das gut, im Sinne von länger, schläft, wird dann schon freudig erwartet: Wann wacht es auf? Oh, dann kann ich es hochnehmen und knuddeln, es stillen und selbst die Stinkewindel ist dann ein kleines Event. Verliebtheit. Große Liebe. Das Gefühl von Familie. Geborgen und warm und rosig. So kann es sein.


Das Andere
Und auch wenn vieles dann doch anders ist, einiges vom Schönen ist auch bei den nicht ganz so perfekten Versionen von Wochenbett oft dabei. Zum Glück. Wie ich selbst oft gesagt habe: Macht schon Sinn, dass die so süß sind, die Babys…!
Das Wochenbett ist bei uns eingeschlagen wie eine Bombe. Laufen wie eine 90-jährige ohne Rollator, das Gefühl haben, der Beckenboden ist ein ausgeleiertes Trampolin und wenn man husten oder niesen muss, fällt bestimmt gleich der gesamte Verdauungstrakt unten raus (Allergiker unter euch, macht euch schlau, was ihr tun könnt, wenn eure Entbindung in eure Hauptallergiezeit fällt!), wundgebissene Brustwarzen und selten mehr Schlaf als 2 Stunden am Stück. So ging es los. Und als dann der Hormoncocktail der ersten Tage abgeflacht war „die Käseglocke sich lüftete“, da habe ich erst mal geheult. Vor Erschöpfung. Fand ich sehr angemessen. Zum Glück wurde es dann besser. Sehr langsam, aber es wurde und wird besser.
Allgemeine Tipps: Wichtig ist, die Minifortschritte zu sehen und sich vor Augen zu führen, dass sie für ein Neugeborenes alles andere als mini sind. Die ganzen großen und kleinen Furchtbarkeiten machen sich schon von selbst mehr als wichtig genug, deshalb schaut darauf, was besser wird und sei es scheinbar noch so klein. Heilung. Ein paar Minuten mehr Schlaf. Baby macht unterschiedlichere Geräusche. Baby macht regelmäßig die Windel voll. Unspektakulär, aber eben doch eigentlich ganz schön groß.
Dammschnitt/Dammriss
Muss nicht sein, kommt aber oft vor. Das wird genäht und sowohl die Wunde als auch die Naht können meist ziemlich garstig sein. In den ersten Tagen ist Sitzen großes Kino. Und Toilettengänge auch.
Tipps: Viel trinken, denn das verdünnt den Urin = weniger Brennen. Viele Ballaststoffe essen (Chiasamen oder Leinsamen sind da echt toll!), damit Stuhlgang ohne drücken funktioniert. Gefrorene Wöchnerinnenvorlagen in den Netzschlüppi packen (eine Mullkompresse oben drauf, Erfrierungen wollt ihr ja auch nicht). Die Kühlung hilft gegen die Schwellung. Die Vorlagen macht ihr dafür einfach ein bisschen nass und packt sie in eine Vorratsbox ins Eisfach. Viele schwören auf Multimamkompressen. Abtrockenen nach dem Duschen nicht mit den Handtuch sondern mit Klopapier. Tupfen! Falls alles brennt, nach dem Stuhlgang untenrum mit der Duschbrause abspülen, dann trocken tupfen. Setzt euch gerade ab. Beide Arschbacken gleichzeitig auf einen festen Stuhl. Nicht von links nach rechts wackeln. Langsam und gleichmäßig absetzen. Die feste Unterlage beugt der Ödembildung vor (Schwellung) bzw. wirkt entgegen. Versucht viel zu liegen und wenig zu sitzen. Wenn ihr stillt, lernt schnell im Liegen zu stillen. Das ist sowieso ziemlich praktisch.

Ich dachte der Spaß wäre nach einer Woche grob mal überstanden. Meist dauert es aber 2-4 Wochen bis die Naht wirklich Ruhe gibt und nur noch etwas nervt, aber nicht mehr grob einschränkt.
Stillen tut weh
Auch hier wieder: Muss nicht sein, ist aber meistens so. Wie lange es weh tut, ist individuell unterschiedlich, hängt auch davon ab, wie das Baby trinkt, wie angelegt wird und wie der Milcheinschuss anläuft. Aber auch geübte Mütter, die schon mehrere Kinder haben, sind davor nicht gefeiht, es ist also nicht nur eine Frage der Stilltechnik (aber zu großen Teilen). Manche Mütter sind auch einfach an den Brustwarzen empfindlicher als andere. In der Regel sind die ersten 3 Tage besonders fies, danach fließt die Milch normalerweise besser und das Stillen entspannt sich. Wie lange die Brustwarzen empfindlich sind und vor allem die ersten Züge des Babys schmerzen, ist wieder unterschiedlich und kann von einigen Tagen bis zu gut drei Monaten andauern. Danach ist es für die meisten endlich entspannter. Am fiesesten sind wohl so die ersten 2-4 Wochen. Auch der Milchspendereflex kann ganz schön zwiebeln und auch das, geht in der Regel, von selber wieder weg, aber wieder kann einem da keiner genau sagen wann außer: „mit der Zeit“.
Tipps: Stillberatung! Die meisten Krankenhäuser bieten das direkt auf den Wöchnerinnenstationen an. Durch das richtige Anlegen und Positionswechsel, lässt sich viel lindern, das muss man aber erst mal lernen und da helfen die Profis sehr. Stillberater können auch zu euch nach Hause kommen, einige Städte haben sogar Stillambulanzen und fast überall lassen sich Stillgruppen/Stillkreise finden, um sich auszutauschen und Hilfe zu suchen. Besprecht mit ihnen ob ihr mehr Helferlein braucht wie Lanolin (Wollfett), Stillhütchen, Abpumpen oder Zufütterung. Eine gute Stillberatung zielt immer darauf ab, euch möglichst beim Vollstillen zu unterstützen, keine Saugverwirrung des Babys zu riskieren und dabei die Mutter vor all zu kaputten Brustwarzen zu bewahren – und auch davor das Stillen dann vor Schmerz letztlich ganz abzulehnen.
Abgesehen von diesen Tipps leider erneut etwas, was euch im Wochenbett noch ständig begegnen wird: Durchhalten. Es wird besser. Vielleicht nicht unbedingt immer schön, aber besser. Durchhalteparolen sind nicht so motivierend, wenn man grad in die Nippel gebissen wird, aber: one day at a time. Eine Brust nach der anderen. Und: Es gibt Lösungen. Man muss sich nicht blutig beißen lassen, aber ja, doch, auch das passiert. Auch ohne Zähne beim Kind. Bevor ihr euch aber am „Durchhalten! Durchhalten! Durchhalten!“ festklammert, fragt um Rat. Das Internet weiß nicht alles und es weiß noch weniger, wenn ihr vielleicht noch nicht mal genau wisst, wonach ihr googeln müsstet und dann nur in einem Forum nach dem anderen aufschlagt, in dem Frauen ebenfalls ihr Leid klagen und Hilfe suchen. Das ist eine mühsame Art der Recherche. Fragt immer auch eure Nachsorgehebamme, dafür ist sie da.
Clusterfeeding
Nie gehört vorher, konnte ich also auch nicht (siehe oben) googeln. Diese Art des Stillens bedeutet, dass das Baby nicht, wie man vielleicht dachte, all 3-4 Stunden angelegt werden mag und zwischendurch ein paar Windeln füllt und sonst friedlich schlummert. Es bedeutet, dass viele Babys über eine ganze Tageszeit hinweg fast ständig trinken wollen. Grad abgelegt, will es wieder ran. Der Fachmann zählt die Intervalle von Anlegen bis Anlegen. So gut wie jede normale Frau zählt aber eher von Ablegen bis Anlegen. Was also bei „alle zwei Stunden“ noch relativ human klingt, wird fies, wenn Baby 45min trinkt, dann gewickelt werden muss und dann wieder nach der Brust verlangt. Dann ist nur knapp eine Stunde dazwischen. Und beim Clustern wollen einige Babys stündlich oder sogar noch öfter. Manche clustern nachts, manche tagsüber. Manche mehrmals am Tag, manche regelmäßig, manche heute so, morgen so. 8-12x stillen am Tag als Richtwert, was so sein sollte bzw. im könnte, im angeblichen Durchschnitt, das fand ich schon heftig. Beim Clustern geht man locker auch mal über 15-20 Mal. Wer dann noch kaputte Brustwarzen hat, der mag dann einfach nur noch heulen. Macht mal. Da fließt die Milch gut. Kein Witz. Aber weniger weh tut es damit auch nicht.



Tipps: Hebamme fragen! Stillberatung! Abklären lassen, ob Baby genug Milch bekommt (nicht selber wiegen, lasst das die Profis machen, die Ungenauigkeiten könnt ihr nicht gut interpretieren bei so einem winzigen Wesen), und ob es richtig trinkt. Auch den Kinderarzt bei den U-Untersuchungen drauf ansprechen. Bei einigen Kindern kann es auch anatomische Probleme geben, die sie beim Saugen behindern so wie ein verkürztes Lippen- und/oder Zungenbändchen. Mimi Ikonn hat letztes Jahr davon erzählt, da es ihre Tochter Alexa betraf und sie mit 10-12 Stunden schmerzhaftem Dauerstillen fast wahnsinnig geworden ist. Dieses Problem mit dem Lippen- bzw. Zungenbändchen lässt sich rasch vom Arzt lösen. Also. immer nachfragen. Das ist das Video von Mimi dazu.
Ansonsten: Durchhalten. Wenn durchhalten nicht mehr geht (ja, es gibt Grenzen, jeder jat seine eigenen) mit Hebamme und Stillberatung über Zufütterung sprechen. Da könnt ihr dann abpumpen, Becherfütterung machen, Spritzenfütterung, Pre-Milch… klärt das für euch individuell. Wenn die Mutter vollkommen erschöpft ist, fließt meist auch die Milch nicht mehr gut, das gibt dann einen kleinen Teufelskreis. Wenn das Clustern noch aushaltbar ist, weiter anlegen. Das Baby bestellt damit die Milchmenge der Folgetage und dadurch sollte es dann bald wieder besser werden, weil mehr fließt. Sonst kann es auch sein, dass das Baby „nur“ Nähe will, gar nicht unbedingt trinken. Stillen heißt aber nicht umsonst stillen. Es beruhigt das Kind. Nahrung ist nur ein Aspekt davon. Bedenkt, wenn ihr Zufüttern in Erwägung zieht, dass wenn es nicht um die Milchmenge geht, sondern um Nähe und Nuckeln, ihr dann eventuell trotzdem weiter clustert, nur eben mit Fläschchen und das wird dann richtig aufwändig. Besprecht das also individuell. Jetzt wisst ihr zumindest, dass es das gibt, dass es normal und gar nicht so unüblich ist und dass es dafür Hilfe gibt, die ihr für euch abwägen könnt.
Schlafentzug
Geht gern mit dem Clusterfeeding einher. Selbsterklärend. Wer ständig anlegt, kann nicht schlafen. Im Übrigen kann die Mutter dann auch nicht in Ruhe mal duschen, Essen wird nebenher beim Stillen erledigt und man braucht dafür einen Helfer, der das Essen in Reichweite bringt. Wer nicht schläft, kann kaum außerdem heilen. Ein kompletter Schlafzyklus hat 90 Minuten. Soviel solltet ihr dringend mal am Stück schlafen können, besser 3 Stunden für zwei Zyklen. Immer nur hier und da eine Stunde wird auf Dauer zum blanken Horror. Mal, für ein zwei Nächte, ist das auszuhalten und schon furchtbar genug, aber danach braucht ihr Hilfe, damit ihr schlafen könnt.
Tipps: Papa packt das Kind in den Kinderwagen und fährt eine Runde um die Häuser. Zum Beispiel. Wenn ihr durch sehr ausgedehntes Clustern gar nicht zum Schlafen kommt, aber euer Baby nach Bedarf weiter an der Brust haben möchtet, beobachtet euch selbst gut, wie viel ihr wirklich schafft. Ihr bekommt keine Tapferkeitsmedaille fürs Nächtedurchmachen. Das Baby mit im Bett oder im Beistellbett schlafen zu lassen, macht das nächtliche Anlegen einfacher, weil ihr das Kind nur ranziehen müsst und wenn es dann nicht (mehr) schmerzhaft ist, könnt ihr dabei zumindest dösen, eventuell schlaft ihr mit Baby auch wieder ein. Bei einer total übernächtigten Mutter kann Zufüttern ebenfalls eine Option sein, um der Mutter einen längeren Schlafintervall zu bescheren, in der dann jemand anderes das Baby mit der Flasche (dem Becher/der Spritze…) füttert. Manchmal braucht man diese Hilfe auch nur temporär. Diese Thematik wird gern schon beinahe wie eine Religionsfrage diskutiert und Fläschchengeber versuchen Stillmütter zu bekehren und umgekehrt vielleicht sogar noch mehr. Versucht sowohl auf euren Kopf als auch euer Bauchgefüh zu hören. Wägt ab. Macht euch nicht fertig, dass seid ihr so schon genug.
Schreien lassen und Schlaftraining insbesondere für Neugeborene wie in „Jedes Kind kann Schlafen lernen“ gelten mittlerweile als veraltet und die meisten Mütter, die nur ein bisschen recherchiert haben, kriegen bei Erwähnung dieses Buches schon das große Zähneknirschen. Die meisten haben es auch im Gefühl, dass das irgendwie nicht gut sein kann, das Baby weinen zu lassen. Stichwort hier auch Urvertrauen. Dennoch absolut verständlich, dass man in der Verzweifelung einer übernächtigten Mutter (oder als übernächtigtes Elternpaar) auch nach diesem Strohhalm greift und sich versucht schlau zu machen. Ich persönlich halte nichts von den Methoden, mir läuft es da auch eher kalt den Rücken bei hinunter.
Schreibabys
Da ich bei den oben genannten Wochenbettdramen schon überall wohl zu enthusiatsich den Arm gereckt habe, um das auch mitmachen zu dürfen, bin ich doch echt froh, dass dieser Kelch an uns vorüber gegangen ist. Denn Schreibabys schreien. Fast ständig, außer sie trinken oder schlafen. Und manche schreien auch beim Trinken zwischendurch.
Tipps: Hier bin ich keine Instanz. Klärt das ärztlich ab, dass es dem Baby körperlich an nichts fehlt. Nähe ist meist das Mittel der Wahl und… manchmal auch Nähe plus Oropax für die Eltern, weil auch auf dem Arm weiter geschrien wird und die Dämpfung die Nerven schont. Von allen möglichen Schwierigkeiten ist dies die größte. Deshalb hier um so dringender: holt euch schnell Hilfe. Hebamme, Kinderarzt, Osteopath – wen ihr kriegen könnt!
Manche Babys lassen sich einfach nur nicht ablegen, dann weinen sie. Wenn dem so ist, also mit Nähe geholfen werden kann, nun, dann habt das Baby bei euch. Es ist eigentlich ganz normal, dass es Körpernähe möchte. Das hatte es ja sein ganzes 40-wöchiges Pre-natal-Leben bisher. Tragen und Tragetücher helfen da enorm dann nicht an der Couch festzuwachsen oder eine Sehnenscheidenentzündung im Handgelenk zu bekommen. Macht eine Trageberatung, wenn ihr unsicher seid, mit welcher Trageart ihr glücklich werden könntet. Ich habe mir aber sagen lassen dass „echte“ Schreibabys auch mit diesen Methoden nicht zu beruhigen sind.

Babyblues / Wochenbettdepression
Muss nicht sein und ist auch eher selten, wenngleich emotionale Achterbahnfahrten durchaus die Regel sind. Allein schon vor Erschöpfung. Eine gute Hebamme wird euch immer fragen, wie es euch auch abseits von Körperlichkeiten geht. Seid ehrlich. Ein bisschen heulig zu sein und tageweise auch mal etwas mehr, ist völlig normal: Schlafentzug, Plazenta weg und damit rapide Hormonumstellung, Sorgen alles richtig zu machen, eigener Schmerz, Überforderung… und so weiter. Gründe gibt es im Wochenbett genug, um sich auch emotional richtig miserabel zu fühlen. Eine echte Wochenbettdepression bedarf aber einer besonderen (ärztlichen) Behandlung und da die Übergänge auch hier meist fließend sind, ist es wichtig sich selbst gut im Auge zu behalten.
Tipps: Thematisiert eure Gefühlswelt auch mit der Nachsorgehebamme und mit euren Vertrauten. Gerade die Hebamme hat schon viele Frauen in eurer Situation gesehen und kann gut einschätzen helfen, wie schlimm es ist. Schmerz – auch emotionaler – ist subjektiv, somit macht deutlich, wenn es euch schlecht geht, ihr euch aber nicht ernstgenommen fühlt. Die Tage erst habe ich einen Artikel auf mama-razzi.com gefunden, der sich mit Wochenbettdepressionenen und Startschwierigkeiten im Wochenbett allgemein befasst: Mami Talk: Babyblues / Wochenbettdepression.
Davon ab finde ich es wichtig zu erwähnen, dass es durchaus normal ist, wenn ihr euer Kind nicht 24/7 nur lieb habt, wenn es euch grad mit Erschöpfung in den Wahnsinn treibt. Auch muss man nicht mit noch geburtsnassem Baby auf der Brust sofort vor Liebe bersten. Freut euch, wenn ihr euch sofort verliebt, das ist wundervoll. Wenn nicht: Lernt euch kennen und verliebt euch dann. Ist vermutlich nicht grob anders als beim Verlieben in den Partner: Manchmal schlägt der Blitz der Liebe auf den ersten Blick ein, manchmal wird man erst Freunde und dann Liebende und Freundschaft braucht auch ein bisschen. In meinem persönlichen Fall mag ich sagen, dass ich einige Tage gebraucht habe, um von Faszination zu Verliebtheit zu kommen. Wie schon im Geburtsbericht gesagt: Es war alles sehr krass und ich war erst mal erleichtert, dass an mir und am Baby (noch) alles dran war.
Kein Anspruch auf Vollständigkeit
Denn was ich noch nicht mal kenne, kan ich auch kaum bis gar nicht googeln. Je nach Geburtsvorgang und persönlichen Gegebenheiten kann noch viel mehr im Wochenbett warten. Starkes Schwitzen, Inkontinenz, Ängste, Beziehungskrise … das fällt mir so noch ein. Aber sowohl was die Probleme, als auch die Tipps angeht, ist da noch Luft nach oben. Leider und Gott sei Dank.
Zwischen Glückseligkeit und Wahnsinn
Bisher habe ich keine Situation erlebt, die dermaßen ambivalent war, wie das Wochenbett. An sich ist es wie eine echt ungesunde Beziehung: Man kann nicht miteinander aber auch nicht ohne. Ablehnung und bedingungslose Aufopferung sind nicht nur nah, sondern zeitgleich. Erschöpfung und Dankbarkeit. Mitleid und totales Genervtsein. „Nimm du sie mir ab!“ und „Gib sie mir, ich weiß besser, was gut für sie ist!“ im selben Moment.
Tipps: Annehmen und loslassen. Ebenfalls eine Ambivalenz also. Denkt an das, was ich ganz oben schon schrieb: Es wird besser. Jeden Tag ein bisschen und wenn auch das nicht, dann zumindest im groben Schema von zwei Schritte vor und einer zurück. Und seien es noch so kleine Schritte. Entscheidet euch diese Schritte zu sehen und lasst zu, dass sie für einen Moment die Strapazen verdrängen. Das erste Lächeln ist für die meisten ein wirklicher Meilenstein. Bis dahin ist aber auch das Engelslächeln (Baby lächelt nicht bewusst, grinst aber) ein kleiner Trost.
Und da wären wir. In dem von nun an recht alltäglichen Wahnsinn. Bevor ich ende, mag ich noch mal betonen, was mir besonders wichtig ist:
Bevor ihr euch an Durchhalteparolen klammert, sucht Hilfe!
Hebamme, Stillberatung, Kinderarzt, Gynäkologe, Eltern, Partner, Freunde. Gerade beim Thema Schlaf und beim Clusterfeeding findet man online fast ausschließlich Durchhalteparolen. Hätte ich ausschließlich auf die gehört und hätte nicht die Profis gefragt, ich wäre jetzt vermutlich ein verheultes Wrack mit zerbissenen Nippeln und/oder würde nur noch Flaschennahrung geben, weil ich dann kapituliert hätte. Flaschennahrung ist genuso wenig der Teufel wie ein Kaiserschnitt. Ich verstehe die Bevorzugung von natürlicher Geburt und Vollstillen und hätte beides auch gern für mich gehabt. Was die Geburt betrifft, hat geklappt. Beim Stillen: leider nein, aber es ist ein kleines „Leider“ für mich. Ich für meinen Teil lebe bedeutend besser mit der Entscheidung die Dinge so zu sehen: Ich bin dankbar dafür in einer Zeit und an einem Ort zu leben, der mir diese Möglichkeiten bietet. Für alles rund um Schwangerschaft, Geburt und nun Wochenbett hat sich das als doppelt und dreifach gut für mich erwiesen, natürliche Wege zu bevorzugen und offen zu sein für schulmedizinische/künstliche Helferlein. Was man als künstlich empfindet, ist ja auch Ansichtssache und sehr dehnbar: Die Naht nach einem Dammriss oder -schnitt ist auch nicht natürlich, aber ebenfalls in meinen Augen sinnvoll. Ist eine Geburt nicht mehr natürlich, wenn Frau eine Flüssigkeitsinfusion bekommt? Das alles eher als Möglichkeiten und Graubereiche zu sehen, macht mich offener, flexibler und mich dadurch sehr viel gelassener, weil es mehr als einen Weg gibt.
Jetzt gucken wir, wie sich unsere Situation entwickelt und ich versuche das Vollstillen wieder zu bekommen, wenn sich die Umstände ändern. Sollte das nicht passieren, nun, dann ist das auch so. Ich fühle mich dadurch genauso wenig als Versagerin, wie ich mich mit einem Kaiserschnitt als Versagerin gefühlt hätte. Ich bin dankbar für die Hilfe. Aber mein Ziel ist es immer, ohne Hilfe etwas selbst zu können. So auch hier.
In diesem Sinne: Ich hätte all das gern gewusst, bevor ich selbst im Wochenbett gelandet bin. Die härteste Wand, vor die ich gelaufen bin, war nämlich nicht die des Schlafentzugs oder der Schmerzen, es war die des völligen Überfordertseins, weil ich nicht wusste, dass das so sein könnte und zwar nicht nur als diffuser Vielleicht-vielleicht-Konjunktiv, sondern mit einer nicht unerheblich hohen Wahrscheinlichkeit. Nicht zu wissen, dass mein Erleben völlig normal ist, hat mich und auch Benedict enorm gefordert, fühlte sich doch alles falsch und schrecklich an. Was es ein Stück weit auch war, aber es wurde so um so mehr dadurch, wie wir für uns die Situation bewertet haben: eben als Ausnahmezustand, als erschreckend und „das kann doch nicht normal sein“. Doch, kann es. Annehmen und loslassen. Und um Hilfe fragen.


Oft wird es auch laut meiner Hebamme nicht leichter, sondern einfach nur anders.
Ich bin etwas mehr im Fitnesssprech unterwegs und sage:
Es wird nicht leichter, aber ihr werdet besser.
Das gilt für Eltern und Baby. Einen Monat nach der Geburt kann ich das für mich und auf jeden Fall sagen: Wir sind so viel besser geworden. Und seit ein paar Tagen wird es auch richtig schön und ähnelt dem, was ich mir in meiner Blauäugigkeit noch vor wenigen Monaten vorgestellt hatte. Das Wochenbett ist noch nicht vorbei. Wir sind also gespannt, was uns noch erwartet, sind aber endlich angekommen und fühlen uns den Aufgaben nun gewachsen. Ich hoffe, mit diesem Text dazu beizutragen, dass auch andere Mütter sich etwas schneller finden und nicht so schockiert sind, wenn die neue Situation über sie hereinbricht. Denn neben all dem anderen ist es eben auch trotzdem sehr schön.
Der Beitrag Wochenbett – Das Schöne und das Andere erschien zuerst auf haselnussblond - healthy happy hair.